Viele junge Menschen verspüren den Wunsch, selbst unternehmerisch tätig zu werden. Doch was tun, wenn weder eine bahnbrechende Idee noch ein konkreter Gründungsplan vorhanden ist? Die Antwort könnte in einem Konzept liegen, das in Deutschland noch wenig bekannt, international jedoch längst etabliert ist: das sogenannte Search Fund Modell.
Statt ein eigenes Unternehmen aufzubauen, kaufen Nachwuchsunternehmerinnen und -unternehmer mit Hilfe von Investorengeldern ein etabliertes Unternehmen und übernehmen dessen Führung. Das ist keine Notlösung, sondern ein anspruchsvoller Karriereweg mit unternehmerischer Verantwortung und großem Gestaltungsspielraum.
Was ist ein Search Fund?
Ein Search Fund ist ein Modell, bei dem ein einzelner Entrepreneur Kapital einsammelt, um ein kleines oder mittelständisches Unternehmen zu kaufen und als Geschäftsführer oder Geschäftsführerin zu übernehmen. Die Investoren begleiten diesen Prozess nicht nur finanziell, sondern auch strategisch.
Die Reise beginnt mit der Suchphase: Über ein bis zwei Jahre wird ein geeignetes Zielunternehmen identifiziert. Ist dieses gefunden, folgt die Transaktion. Das Unternehmen wird übernommen, der oder die Suchende steigt als neue Leitung ein. Mit dem operativen Alltag beginnt die Phase der Wertschöpfung und Weiterentwicklung.
Beteiligungsmodelle sehen in der Regel eine Gewinnverteilung zwischen Investorinnen, Investoren und Suchenden vor. Die Höhe der Beteiligung hängt oft vom Erfolg und dem Zeithorizont ab.
Ein Modell mit Wurzeln in den USA
Das Konzept wurde in den 1980er-Jahren an der Stanford University entwickelt und richtete sich an Absolventinnen und Absolventen mit unternehmerischem Antrieb. In den USA hat es sich schnell verbreitet. Erfolgreiche Beispiele wie Asurion oder ServiceSource zeigen, dass nachhaltiges Unternehmertum auch ohne eigene Idee möglich ist.
Heute ist das Modell weltweit etabliert. In Europa, Lateinamerika und Asien entstehen zunehmend Search Funds, begleitet durch Initiativen wie das IESE Search Fund Center oder Stanford’s Primer. Die Erfahrungen dieser Ökosysteme bieten wertvolle Orientierung.
Aufbruchsstimmung in Deutschland
In Deutschland steckt das Modell noch in den Kinderschuhen. Die ersten Search Funds wurden ab etwa 2015 initiiert. Seither entwickelt sich ein zunehmend professionelles Ökosystem: Business Schools wie WHU und HHL greifen das Thema auf. Auch internationale Kapitalgeber investieren zunehmend in deutsche Search Funds.
Herausforderungen bleiben jedoch: Viele Unternehmerinnen und Unternehmer kennen das Modell nicht. Gleichzeitig konkurrieren Suchende mit klassischen M&A-Beratern oder strategischen Käufern um attraktive Zielunternehmen. Hinzu kommt die emotionale Bindung vieler Mittelständler an ihr Lebenswerk. Wer überzeugen will, braucht wirtschaftliche Kompetenz und kommunikatives Feingefühl.
Vorteile für Suchende und Investoren
Search Funds bieten eine außergewöhnliche Karrierechance für ambitionierte Nachwuchsunternehmerinnen und -unternehmer. Ohne viel eigenes Kapital können sie in die Rolle einer Geschäftsführung hineinwachsen – mit Verantwortung, Gestaltungsspielraum und Lernpotenzial. Gleichzeitig stehen ihnen erfahrene Investorinnen und Investoren beratend zur Seite.
Auch für Kapitalgeber ist das Modell attraktiv. Sie erhalten Zugang zu renditestarken Beteiligungen im Mittelstand und begleiten unternehmerisch denkende Talente auf ihrem Weg. Gerade in der Kombination aus nachhaltigem Engagement und ökonomischem Potenzial liegt der besondere Reiz dieses Ansatzes.
Risiken und Herausforderungen
Trotz aller Chancen ist das Modell kein Selbstläufer. Die Suchphase ist arbeitsintensiv, der Wettbewerb um gute Unternehmen hoch. Wer als externer Nachfolger überzeugen will, muss nicht nur ökonomisch, sondern auch menschlich punkten.
Wer eignet sich als Searcher?
Geeignet sind Menschen mit hoher Selbstmotivation, unternehmerischem Denken und dem Wunsch, längerfristig Verantwortung zu übernehmen. Erfahrungen im Management, in der Beratung oder ein MBA sind hilfreich. Zwingend ist hingegen die Bereitschaft, ein Unternehmen nicht nur zu analysieren, sondern wirklich zu führen.
Nicht geeignet ist das Modell für Personen, die den operativen Alltag scheuen oder lediglich ein Investment-Vehikel suchen.
Fazit: Unternehmersein ohne Gründung – ein Weg mit Perspektive
Search Funds sind mehr als ein Finanzierungsmodell. Sie bieten eine konkrete Antwort auf zwei Herausforderungen zugleich: die Nachfolgefrage im Mittelstand und das Unternehmerwerden der nächsten Generation. Wer den Mut und die Ausdauer mitbringt, kann auf diesem Weg echten Impact erzielen, für sich selbst, das übernommene Unternehmen und die Investoren.